Lehmverputze im Wandelhof

18. – 20. Oktober 2019

Lehmdeckputze und Verputzhandwerk

Mitmach-Baustelle in Gümmenen

Die Wohnbaugenossenschaft Wandelhof in Gümmenen BE bat uns die Gelegenheit, eine grosse Baustellen für Interessierte zur Mitarbeit zu öffnen. TeilnehmerInnen haben so die Möglichkeit, praktische Erfahrungen am realen Bauobjekt zu sammeln.

Bericht zum Workshop


Das kulinarische Niveau – auf einer Baustelle selten so hoch erlebt – solle ein Exempel sein für alle zukünftigen Workshops, lautete ein Resümee am späten Sonntagnachmittag. Mit Augenzwinkern, aber auch mit herzlichem Dank an unsere Gastgeber, die drei Tage lang eine wechselnde Schar von neugierigen und motivierten Lehmbauern willkommen hiessen. Hier konnten neben den Mitgliedern der IG Lehm auch andere Interessierte zupacken. So entstand während Arbeit und Vergnügen ein reger Austausch von Lehmbau-Spezialisten und -Laien jeglichen Hintergrunds. Dies war denn auch eine Prämisse der Mitmach-Baustelle: Viel Praxis,vorhandenes Wissen anwenden, Theorie lässt sich nebenbei besprechen. Vor mehr als drei Jahren gründete sich die Genossenschaft Wandelhof, um zusammen denfrüheren Gutknecht-Hof in Kleingümmenen umzubauen und neu zu beleben.

Das alte BernerBauernhaus aus dem 19. Jahrhundert ist denkmal-pflegerisch als erhaltenswert eingestuft. Essteht an der Hauptstrasse des kleinen Dorfs, zum Hof gehören verschiedene Nebenbauten, ein vorge-lagerter Blumengarten sowie etwa 4000 m2 Landwirtschaftsland. Neu entstehen imfrüheren Wohnhaus, Stall und Scheune zwei grosse Wohnungen sowie 12 Einzelzimmer mit geteilten Bädern. Zum geselligen Kochen und Essen schafft sich die Genossenschaft einen grossen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss, weiter gibt es ein Spielzimmer, eine Werkstatt, eine Sauna, ... Ein seperater Begegnungsraum darf auch externen Veranstaltungen Platz bieten.
Das mächtige Haus ist in Riegelbauweise konstruiert, die Ausfachungen mit Kalk verputzt. Mit dem Umbau wird der Minergie-Standard zertifiziert. Unter dem grossen Dach gibt es einen vorderen und einen hinteren Gebäudeteil, die von einer zentralen, unbeheizten Stahltreppe erschlossen werden. Im Wohnhaus vorn bleibt die Zimmerstruktur erhalten, die Fassade wurde unter Beibehalt der historischen Täfer innenseitig gedämmt. Hinten, wo es einen niedrigen Stall und darüber eine zweigeschossige Tenne bis unter das Dach gab, kann die Anordnung der neuen Räume und Geschossdecken nicht der Riegelstruktur der Fassade entsprechen. Man entschied sich, an der Nordfassade, wo die Zimmer Licht benötigen, schachbrettartig gewisse Ausfachungen der Riegelstruktur zu öffnen und neu mit einfachverglasten Fensterflügeln zu versehen. Die neue thermische Hülle wurde als Holzständerkonstruktion etwas von der alten Aussenwand abgerückt. Wo Licht einfällt, gibt es die eigentlichen Fenster – etwa vier Stück im Zimmer, unterschiedlich in Format und Grösse, manchmal mit Lichtschächten ergänzt. Die bauklimatische Funktion des 20cm tiefen Luftraums zwischen den beiden Aussenwänden im Norden wird interessant sein.
Architekt und Bauleiter ist Tilman Rösler vom Büro Planwerkstatt Archi-tekten in Bern. Die Mitglieder der Genossenschaft haben nicht nur ihr Konzept vom Zusammenleben entworfen, sondern beteiligen sich auch sehr fleissig am Umbau selbst. Zu ihren Eigenleistungen gehört auch ein Teil der Verputzarbeiten – und so kam es, dass auch wir Hand anlegen durften. Georg Paul (Fa. Lehmbau Georg Paul, Laufen) und Marc Hübner (Fa. Lehmwerk, Dornach) sind die beauftragten Unternehmer für die Lehm- verputze und haben uns gezeigt, wie man mit Material und Werkzeug umgehen kann. Danke für die gute Anleitung! Die meisten Wände hatten sie bereits mit einem 4cm starken Lehmgrundputz auf Wandheizung ver- sehen. Teilweise arbeiteten wir auch auf anderen Untergründen, wie einem bestehenden zementösen Grundputz auf den Innenwänden oder Fermacellplatten in den Bädern. Gelb, rot und hellgrau-weiss (1:1) waren die Farben aus Marcs Materialpalette. Wir haben den Deckputz in zwei dünnen Schichten aufgetragen und abschliessend geschwämmlet.

Die wohl für alle Beteiligten bereichernde und beglückende Aktion ruft nach Wiederholung: So hat der Wandelhof in Aussicht gestellt, wieder einmal zum Mitmachen einzuladen – für die Installation weiterer Wandheizungen sowie Grundputz- und Deckputzarbeiten im Dachgeschoss. Ausserdem weitersagen: Wer sich sehr in die lehmverputzten Räume verliebt, kann noch Mitglied der Genossenschaft werden...

Pauline Bach, p.bach@posteo.ch, 24.10.2019

 

Einladung Praxisworkshop Wandelhof

Bericht Workshop Wandelhof

Veranstalter

IG Lehm Fachverband Schweiz
&
Genossenschaft Wandelhof
&
Marc Hübner, Lehmwerk
Lehmbau Georg Paul

Ort

Gümmenen BE