Stampflehm für Freunde

Stampflehmfassade MFH "Haus der Freunde"

Baustellentreff

Durch konspirative Zusammenarbeit zwischen Bauherrschaft, Architekten und Baumeistern entsteht ein Leuchtturmprojekt in der Ostschweiz:

Lukas Wolf, Standortleiter Sargans von PIRMIN JUNG Schweiz AG ist zuständiger Holzbauingenieur und verantwortlich für den Brandschutz. Er empfängt uns und führt uns mit Thomas Honermann (Lehm Ton Erde Baukunst GmbH) und Stephan Strässle (Carlos Martinez Architekten AG) durch die Baustelle.

Bericht Besichtigung

Baustellentreff Buchs

Stampflehm fasziniert immer und vermag eins ums andere Mal grosses Interesse hervorzurufen. So auch bei der Besichtigung zweier 4-geschossiger Mehrfamilienhäuser in Buchs, mit der rund 30 Neugierige ihren Sommertag starteten. Haus der Freunde nennt sich das Projekt, ein Gebäude als Holzbau, das andere als Mischkonstruktion mit zweischaliger Stampflehmfassade, dem ersten Massivlehmbau neuerer Zeit in der Ostschweiz (in guter Nähe zu Vorarlberg).

Bei den Stampflehm-Fassadenelementen, wie auch bei der losgelösten sekundären Holzkonstruktion in der Dämmebene vor dem Stützen-Platten-System aus Beton und Stahl handelt es sich jeweils um selbsttragende Konstruktionen. Die in der neuen ERDEN-Werkhalle von Lehm Ton Erde Baukunst in Schlins vorgefertigten Pisé-Elemente sind über in ein Langloch rückverankert. So erlaubt die Trennung unterschiedliche Bewegungsrhythmen von Gebäudestruktur (tragender Beton sowie Holzunterkonstruktion) und Lehm, die im Fensterdetail aufeinander treffen. Deshalb ist das Fenster an der Holzkonstruktion und die mehrteilige Zarge am Lehm befestigt. Innenseitig werden sowohl Lehmplatten mit Kalk- und Lehmputzen wie auch Stampflehm-Vorsatzschalen eingebaut. Der mehrschichtigen Aufbau ist insgesamt ca. 72-78cm dick.

Brandschutztechnisch interessant ist hier die mit Steinwolle ausgestopfte Fuge zwischen Holzkonstruktion und Stampflehm in Verlängerung der Betondecken. Die Stampflehmmischung besteht aus dem Lehm des Flyschgesteins aus dem Vorarlberg und dem gelblichem Lehm aus Sennwald.

Die Fassadenelemente mit den hervorstehenden Ziegelleisten erzeugen als Bänder geschickt eine Fügung der horizontalen Elementstösse und erfüllen die Funktion der Erosionsbremsen. In den würdevollen Alterungsprozess der Lehmmischung ist die kalkulierte Erosion von 1-2 cm Feinmaterial also einbezogen.

Derzeit geht man bei gängigen Stampflehmmischungen von einer maximal zulässigen Vertikallast von 2.6 N/mm² aus, unabhängig von der Wanddicke (pro mm²), was einschliesslich Sicherheit eine derzeitige Begrenzung der Höhe auf 4-5 Geschosse zulässt. Perspektivisch dürfte durch die Optimierung der Mischung 3.0 N/mm² erreichbar sein. Darüber hinaus wäre die Kombination mit Holz ideal für die fehlende Aufnahme von Zugkräften.

So wird das Planungsteam um Carlos Martinez Architekten und Pirmin Jung in Sargans, wie auch die Bauherrschaft mit der schönen und wirkmächtigen Erscheinung des Stampflehms und einem nachhaltigen Image belohnt. Andererseits können die Bewohner:innen von den klimasteuernden Eigenschaften des Lehms im Innenraum profitieren. Ein Stampflehmbau mit heutigen Dämmvorstellungen ist nach wie vor meist ein Kompromiss, der entweder das Innen oder das Aussen lehmig in Erscheinung treten lässt oder mehrschalig konstruiert ist. Die Grundanordnung der Rohbaukonstruktionen ist aber ein Stück weit auch Folge dessen, dass der Lehm zu spät in den Planungsprozess involviert wurde und damit andere Synergien nicht vollends ausgenützt werden konnten. Dennoch sind die Ambitionen der Bauherrschaft impulsgebend, die Lösungen der planerischen und ausführungstechnischen Prozesse erkenntnisreich und schaffen somit wieder ein Stück mehr Erfahrung im verdichteten Bauen mit Lehm.

Im Anschluss zog es eine diskussionsfreudige Gruppe weiter zum gemeinsamen Mittag am idyllischen See, die mit einer Runde im mittelalterlichen Städtli Werdenberg einen sachten Abschluss fand.

Christiane Löffler, 7. Juli 2022

Einladung Baustellentreff Stampflehmfassade MFH Buchs

© Fotos:

• Carlos Martinez Architekten
• Besichtigung: (1-14) Arwed Junginger; IG Lehm