Baustellentreff Aufstockung Binz
05. November 2024

Holz-Stroh-Elemente mit Lehmputz aus Aushub
Baustellentreff Binz – Lehm in Holz-Stroh-Aufstockung
Zeit: Dienstag, 5. November 2024, 17 Uhr
Ort: Grubenstrasse 29, 8045 Zürich
Treffpunkt: neben der Baustelle
Ein Gewerbegebäude aus vergangener Ära wird erweitert und umgenutzt. Dabei werden die Struktur ressourcenschonend weiter genutzt, nachhaltige Materialien wie Stroh, Holz und Lehm eingesetzt und Bauteile wiederverwendet.
Die Module der aufgestockten Atelierzellen sind Holzelemente, die mit Kleinballen aus Stroh gedämmt wurden und mit Lehm aus einem Aushub in Dietikon verputzt werden.
Wir nutzen die Chance noch während der Lehmputzarbeiten einen Einblick auf die Baustelle zu bekommen und lernen womöglich neue Ansätze in dieser Dimension kennen.
This Alder, Architekt beim baubüro insitu und Miro de Monaco (Genossenschaft Werkzeug ), Roland Kindlimann und Theo Baath von den ausführenden Lehmbauern zeigen uns das geplante und das bisherige Werk.

Programm:
17:00 Begrüssung & Einführung
Eintreffen mit Begrüssung durch den Vorstand IG Lehm.
17.15 Besichtigung & Führung durch den Bestand
Die Umbauarbeiten in der Werkhalle und den zwei ersten Geschossen arbeiten mit Ertüchtigungen und Ergänzungen für die neue temporäre Nutzung. Projektleiter This Alder kann dazu Einblick geben.
18:00 Besichtigung & Führung Aufstockung
Die Aufstockung wurde vorgefertigt und die Elemente aus Holz und Stroh-Kleinballen versetzt, um mehrere Nutzungseinheit zu bilden. Von der Planung bis zur Montage weiss This Alder einiges zu berichten. Der Grundputz wird Schicht um Schicht aufgebaut und ist nun zu bestaunen. Über die Erfahrungen mit dem Aushub und die Verarbeitung können die Lehmbauer Miro de Monaco und Roland Kindlimann erzählen und so Fachwissen aus der Ausführung auch für die Planung bei anderen erzeugen.
19:00 Veranstaltungsende
anschliessend allenfalls Abendessen oder Trunk nach Absprache
Bericht zum Baustellentreff
Einst war die Ziegelindustrie und der lehmhaltige Boden charakteristisch für Wiedikon und die Binz. Längst ist sie zahlreichen Büros in Neubauten und umgenutzten Industriegebäuden gewichen. Das ehemalige Schlosserei-Gebäude an der Grubenstrasse wird jedoch weiterhin auch handwerklich genutzt und jüngst vom Baubüro insitu ertüchtigt und um Ateliers auf dem bestehenden Gebäude ergänzt. So war es Anfang November wieder Zeit für einen Baustellentreff in Zürich Binz. This Alder von Baubüro insitu aus Zürich empfing die rund 30 Interessenten, um über die Aufstockung des bestehenden Gewerbebaus in Holz-Stroh-Lehmbauweise zu erzählen. Diese besteht aus Holzelementen, die mit Stroh gedämmt und innen mit Lehm aus einem Aushub aus Dietikon verputzt sind.
Die Aufstockungsmöglichkeiten eines bestehendes Gebäudes sind aussichtsreich, aber die statischen Massnahmen sind trotz allem beträchtlich. Dabei sind erdbebensichernde Beton-Bauteile nötig wie auch, trotz relativ leichter Aufbauten, Abfangungen der neuen Lasten der anderthalb Geschosse darüber. Die statischen Möglichkeiten in Holzbauweise sind hier aber beeindruckend.
Im Allgemeinen liegt der Fokus des Büros auf der Fortführung und Nutzung bestehender Strukturen, sei es hier auch durch die Wiederverwendung von Bauteilen oder den Erhalt der räumlichen Potenziale. Ein spannender Ansatz war, dass der eingemietete Schreiner, während den gesamten Bauarbeiten vor Ort bleiben durfte und somit seine Tätigkeit nicht unterbrechen musste.
Die Aufstockung wurde mit vorgefertigten Holz-Stroh-Elementen realisiert. Die Strohballen mit Stroh aus dem Rheintal waren zum Besichtigungszeitpunkt leider schon mit Lehmputz überdeckt worden. Sämtliche Aussenwände wurden inwendig mit Lehm verputzt. Dieser wird auf die Fläche mit einer Mindestbesetzung von vier Personen in fünf Arbeitsgängen gespritzt und aufgezogen. Die knapp 4m hohe entstehende Lehmwand ist eindrücklich.
Der Lehm aus Dietikon stammt von einer anderen Baustelle des Architekturbüros. Dort war der Aushübler instruiert, dass er den Lehm beiseite nehmen sollte und wusste intuitiv, wo sich dieser in den Bodenschichten abgrenzen liess. Nach der ersten Insitu-Verwendung für Putz wurde übriger Lehm für Weiteres zwischengelagert. Er ist relativ mager, weshalb er noch mit einem kleinen Anteil bindigerem Lehmmaterial ergänzt wurde, um die Eigenschaften zu optimieren. In der Zwischenzeit entwickelte sich das Projekt in dem ehemaligen Industriequartier, das (in diesem Fall) leider keinen Aushub erzeugte. Mit dem Beginn der Lehmbauarbeiten wurde die Mulde nach Zürich verfrachtet. Die Aufbereitung des Lehms erfolgt direkt neben der Baustelle und benötigte wegen der Pumphöhe etwas logistische Findigkeit seitens der ausführenden Lehmbauer rund um Miro de Monaco und Roland Kindlimann. So wurde eine dem Ort und Material angepasste Aufbereitungsstrasse installiert bei der das Gerüst auf halber Höhe als Mischplatz und Ausgangspunkt für die Pumpe diente, um ausreichend Pumpendruck im 4. OG zur Verfügung zu haben. Das Mauken und Sieben fand am Boden statt, auch wenn es für Maschinen wie so oft bei städtischen Baustellen zu wenig Platz hat.
Als Untergrund dienten Kleinstrohballen zwischen den Konstruktionshölzern, die mit den verpressten Schnittflächen der Strohhalme eine stabile und gut rau strukturierten Fläche bildet, wo der Lehm extrem gut haftet. Die rohen Holzbauteile wurden mit Weidenruten als Putzträger für den Putz vorbereitet.
Grundsätzlich war die Mischung Lehm : Maurersand 1:2, dazu jeweils 1/2 Sack Lehmkleber auf 200l Lehmschlämme, sonst nichts. Der Grundputz von 3-5 cm Dicke wurde in zwei Lagen mit der Pumpe maschinell aufgespritzt und nachher grob abgezogen, so dass eine gute Ebene entstand. Auch der Deckputz im gleicher Mischungsverhältnis wurde auch 2-lagig aufgebracht, horizontal abgezogen und ohne weitere Verdichtung in ihrer ursprünglich angenehm erdigen Grundfärbung belassen.
Insgesamt war das Team um die Genossenschaft Werkzeug, die dafür noch mit weiteren erfahrenen Lehmbauern der Region zusammenarbeitete mit 10 Leuten plus Roland Kindlimann und Theo Baath vor Ort und machte aus den 7 Atelierräumen mit Galerie und dem Gemeinschaftsraum in 8 Wochen Schmuckstücke.
Als Knacknuss im ganzen eher noch unüblichen Prozess muss allerdings die Ausschreibungsphase mit Verwendung von Aushublehm in dieser Dimension und Komplexität betrachtet werden, die intensiv von verschiedenen Fachleuten betreut wurde. Auch bleibt die Frage offen, ob in diesem Wettbewerb der Lehmbau-Unternehmer mit entsprechenden Aufwänden hierbei grade rauskommt.
Während und nach der Führung konnten sich die Neugierigen mit dem Planer und den Ausführenden austauschen. Die vielen Fragen führten zum Abschluss dazu, dass sich die zahlreichen Teilnehmenden in kleinere Gruppen aufteilten, um intensiv über die Thematik weiterzudiskutieren. Die Besichtigung klang bei einem Glas frischem, suurem Most und Knabbereien aus. Es ist erfreulich zu sehen, dass Bauen mit natürlichen Baustoffen zunehmend auch Bauherren und Architekten in urbanen Gebieten überzeugt.
Patrick Krecl, Nadine Schröter, Christiane Löffler, 11.11.24/ 24.2.25


Veranstalter
IG Lehm Fachverband Schweiz
&
baubüro insitu
&
Genossenschaft Werkzeug
Ort
Zürich