Baustoff
Das Bauen mit Lehm stellt dem konventionellen, heute gängigen Bauen eine klare und intelligente Alternative gegenüber. Lehm ist zweifellos der reinste in der Natur vorkommende Baustoff, zusammen mit Sand und Kies, welche ebenfalls mineralische Zerfallsprodukte sind.
Lehm ist immer 100% reversibel und ist zu keiner Zeit ein problematisches Abfallprodukt. Allfälliger „Abfall-Lehm“ ist immer und überall in reine Erdlagerstätten rückführbar.
Lehm wird oft als der Heilsbringer im Öko- und Biobau betrachtet. Dieses Lob hat das Material verdient, weil es die Gesundheit der Bewohner und Benutzer solcher Bauten massgeblich und positiv unterstützt.
Nicht umsonst besteht die sogenannte Heilerde aus reinem Lehm mit hohem Tonanteil. Tonmineralien besitzen ein ungeahntes Erbe an Information der Erdgeschichte, und ihre Energie ist unschätzbar wertvoll.
Lehme sind durch äussere Einflüsse (Klima, Zeit, Vegetation u.a.) umgebildete und umgelagerte Bestandteile der Erdkruste. Dadurch ist nahezu überall Lehm zu finden, jedoch nie in gleicher Zusammensetzung. Lehm ist stets eine Mischung von Partikeln verschiedener Korngrösse. Unterschieden wird zwischen Ton (bis 0.002mm), Schluff (0.002 bis 0.063mm), Sand (0.063 bis 2mm), Kies (2 bis 63mm) und Steinen (grösser 63mm). Die Verteilung dieser Komponenten wird in der Siebkurve festgehalten.
Das Bindemittel bei einem Lehmbaustoff ist stets der Ton.
Das Vorkommen von Lehm
Lehm ist ein mineralisches Zerfallsprodukt von Gestein. Die Lehmkarte Schweiz zeigt an, dass es über das ganze Landesgebiet der Schweiz Lehmvorkommen gibt. Prädestiniert sind das Schweizer Mittelland über den Jura bis hin zur Rheinebene, also praktisch das ganze Gebiet nördlich der Alpen, sowie vereinzelte Orte am oberen Rhein, im Rhonetal und im Tessin.
Zürich:
Bodenkarte ZH
> Bodenkarte der Landwirtschaftsflächen > jeweiligen Ort anklicken
Basel Landschaft:
Bodenkarte BL
> zoomen > Button Information > unten Reiter Bodenkarte anwählen > Tabelle schieben > Feinerdekörnung
Thurgau:
Bodenregionen/ Hauptboden Landwirtschaft TG
Bodenübersichtskarte
Solothurn:
Bodentyp
(genaue Angaben zu Ton, Schluff und Sand)
Legende
Luzern:
Bodenkarte
(nur Körnungsklassen)
St. Gallen:
Bodeninformationen
(nur Körnungsklassen)
Die bodenkundlichen Feinerdenkörnungsklassen funktionieren ähnlich, wie Korngrössen der Geologie (Ton, Schluff und Sand), werden aber folgendermassen klassiert:
Bodenarten
Hinweise auf Lehmvorkommen
Erfahrungsgemäss ist verbindlich, wenn in einem Gebiet ein historischer Hinweis auf eine Ziegelei besteht oder besser es noch existierende Ziegeleigelände gibt. Ziegeleien gibt es verbreitet seit dem Mittelalter, aber auch die Römer kannten diese Einrichtungen schon vor über 3000 Jahren. Flurnamen wie LETTEN, LETT, LEI, LEY, LEIM, LEIMEN nehmen unmissverständlich Bezug auf den lehmigen Boden.
Eignung von Ortslehm (vor Ort ausgehobener Lehm)
Lehm kann je nach Eigenschaft und Anwendung 1:1 eingesetzt werden, was jedoch selten der Fall ist. Über die Eignung von Ortslehm zur direkten Verwendung müssen vorteilhafterweise vorgängig Eignungstest gemacht werden. Die Bindigkeit und das Schwundverhalten geben wichtige Erkenntnisse über den vorgesehenen Einsatz des Lehms. Solche Tests wie Absetzprobe, Achterprobe etc. sind in der Fachliteratur genau beschrieben.
Örtliche Herstellung von Lehmdeckputzen
Heute kommt häufig die Herstellung von lokal hergestellten Deckputzen dort zur Anwendung, wo lokale Sande mit farbigen Tonmehlen, z. B. aus dem Westerwald (D) oder aus der Tonmehlproduktion Holderbank (CH) gemischt werden. Oder es wird vorhandener tonhaltiger Aushublehm mit Sand abgemagert und findet als Grund- oder Deckputz seine Anwendung. Diese Lösungen sind oft sehr wirtschaftlich und ergeben ein grosses Angebot von farbigen Deck- oder Oberputzen.
Alternativen zu Ortslehm
Wo es keine Lehmvorkommen gibt, ist es heute auch sinnvoll, diesen Baustoff aus dem nächst gelegenen Vorkommen per Lastwagen herbeizuführen. Die Ökobilanz ist deshalb nicht in Gefahr.
Etwas anderes ist es, wenn Lehm oder Lehmbaustoffe aus einer entfernten Produktion über weite Strecken auf der Strasse angeliefert werden müssen. Wenn uns lokal keine geeigneten Lehme zur Verfügung stehen, handeln wir uns mit dem Zurückgreifen auf Produkte aus dem modernen Bauhandel zwangsweise einen erhöhten Grauenergieanteil ein. Aber es gibt gute Gründe für die Verwendung von Handelsprodukten: die einfache Verarbeitbarkeit, die immer gleichbleibende Qualität und Farbigkeit u. a. m.
Trotzt allem ist der Grauenergieanteil solcher Lehmbaustoffe relativ unbedeutend, weil die Herstellungsenergie gegenüber konventionellen Baustoffen ungleich kleiner ist.
Industrielle Lehmbaustoffe im modernen Bauen
Diese ermöglichen je nach Produkt eine Bauzeitverkürzung, was immer öfter ein wichtiger und willkommener Faktor ist. In diesem Zusammenhang ist die Trockenbauweise zu nennen, welche den Unternehmer unabhängig von Jahreszeiten machen. Dies ist bei vorgefertigten Holzbauten ein wichtiger Aspekt in der Ausbauphase. Die Vielfalt der angebotenen Produkte ist inzwischen sehr reichhaltig.
Selbstbau mit Lehm
Lehm bietet sich wie kein anderer Baustoff zum Selbstbau an. Der Beizug einer Fachkraft oder eines Lehmbauexperten zu einem frühen Zeitpunkt sei hier jedoch geraten, damit nicht unliebsame Erfahrungen gemacht werden müssen. Lehm zu verarbeiten erfordert Flexibilität, Einfühlungsvermögen und ein grosses Materialverständnis, da das Ausgangsmaterial unikat und von verschiedenen Parametern abhängig ist.